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"Dann mach ich Krank"...darf der Chef kündigen?

In meinem heutigen Blog-Beitrag möchte ich ein arbeitsrechtliches Thema ansprechen. In der Praxis kommt die folgende Situation eigentlich sehr oft vor, da es "aus der Situation heraus" sich ergibt.

 

Fall:

Zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer besteht Uneinigkeit. Im Laufe des Gespräches sagt der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber spontan folgende Sätze: "Dann bleib ich zu Hause." oder "Dann mach ich krank".

 

Folge:

Was die Folge einer solchen Aussage sein kann, haben bereits mehrere Gerichte entschieden.

 

Zuletzt hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, (04.05.2021 - 5 Sa 319/20) gesagt:

 

Die Drohung mit einer Krankschreibung, um damit den Chef "auf die Knie zu zwingen", stellt eine erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Dies rechtfertigt an sich eine fristlose Kündigung.

 

Doch was ist, wenn zum Zeitpunkt der Drohung der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist?

 

Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (15.03.2013 – 10 Sa 2427/12) gesagt:

 

"Besteht zum Zeitpunkt der Ankündigung objektiv eine Erkrankung, stellt dieses Verhalten ohne vorherige Abmahnung keinen Kündigungsgrund dar.

 

Behauptet der Arbeitnehmer eine Erkrankung, trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass diese Behauptung falsch ist."

 

Demnach muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht krank ist, sofern dieser vorher mit einer Krankmeldung droht und im Anschluss meint, tatsächlich krank zu sein.

 

Ausnahme:

 

Doch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, (04.05.2021 - 5 Sa 319/20) macht folgende wichtige Einschränkung im Falle, dass der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist. Hierbei beruft das Gericht sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 12. März 2009 - 2 AZR 251/07 - Rn. 23, juris):

 

Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen.

Demnach darf sich ein Arbeitnehmer nicht mehr auf die objektiv tatsächlich bestehende Krankheit berufen können, wenn er vorher den Arbeitgeber mit dieser Drohung zu einem Verhalten zwingen möchte. Bereits dieses Verhalten stellt für sich ein Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht dar. Durch diese Pflichtverletzung wird das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt. 

 

Da der wichtige Grund zur Kündigung in der ausdrücklich oder konkludent erklärten Bereitschaft des Arbeitnehmers zu sehen ist, sich die begehrte Freistellung notfalls durch eine in Wahrheit nicht vorliegende Arbeitsunfähigkeit zu verschaffen, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt oder nicht.

 

Dass ein solches "Drohen, um den Arbeitgeber zu etwas zu zwingen" einen Pflichtverstoß darstellt, haben bereits mehrere Gerichte bestätigt:

 

  • BAG, Urteil vom 12. März 2009 - 2 AZR 251/07 - Rn. 22, juris
  • BAG, Urteil vom 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 16, juris
  • LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Juli 2020 - 8 Sa 430/19 - Rn. 111, juris
  • LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Februar 2017 - 6 Sa 1758/16 - Rn. 37, juris
  • LAG Hamm, Urteil vom 14. August 2015 - 10 Sa 156/15 - Rn. 35, juris.

Was heißt das für Sie?

Als Arbeitnehmer/in befinden Sie sich auf ganz dünnem Eis, wenn Sie mit einem "Holiday-Attest" drohen, nur um Ihrem Arbeitgeber "Stress zu machen".

 

Umgekehrt müssen Sie als Arbeitgeber auch im Einzelfall schauen, ob die Erklärung auch Ernst gemeint ist (=am nächsten Tag ist AN krank) oder ob es vielmehr eine Aussage "im Eifer des Gefechtes" war. Denn nicht alles, was der Arbeitnehmer sagt, muss direkt als eine "Drohung" aufgefasst werden.

 

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